Diffusionsapproximation und Dekomposition von Warteschlangennetzwerken mit „Batch-Processing“
Diffusionsapproximation und Dekomposition von Warteschlangennetzwerken mit „Batch-Processing“
Die Bedeutung der Simulationstechnik bei der Planung, der Realisierung und dem Betrieb von Anlagen-, Produktions- und Logistiksystemen nimmt stetig zu. Allerdings stellt die zunehmende Vernetzung von Produktions- und Vertriebsstrukturen neue Anforderungen an die Genauigkeit und die Ausführungszeit von Simulationsmodellen. Der Abstimmungsprozess längs der Wertschöpfungskette wird durch eine Reihe von Restriktionen (z.B. Kapazitäts- und Lagerbeschränkungen) und Unwägbarkeiten (z.B. Prozessstreuungen und Maschinenausfälle) erschwert. Je zuverlässiger man aufgrund von Prognose- und Modellrechnungen in die Zukunft schauen kann, desto seltener muss später in die Produktion eingegriffen werden.
Die Integrierte Simulation ist das Leitthema, wenn es um die Planung und Optimierung industrieller Fertigungsprozesse und Vertriebsprozesse geht. Die Generierung von Simulationsmodellen zur Leistungsbemessung großer und komplexer Produktions- und Logistiksysteme und ihre numerische Realisierung sind erst durch die Fortschritte der Kommunikations- und Informationstechnologie möglich geworden. Denn nur wenn es gelingt, die Modelle in die korrespondierenden Geschäftsprozesse zu integrieren, ist es möglich, die aktuellen Fragen der taktischen und operativen Produktionsplanung zeitnah zu beantworten und die Ergebnisse an Produktion und Vertrieb zurückzumelden.
Motivation und technischer Hintergrund
Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme, wie sie kommerziell angeboten werden, stehen immer wieder in der Kritik, weil sie die Zufallsschwankungen der Produktion ignorieren und mit deterministischen Vorhersagen für Liegezeiten und Kapazitäten operieren. Die Praxis zeigt, dass die Aufträge in der Regel viel zu früh eingelastet werden und einen unnötig hohen Umlaufbestand erzeugen. Deswegen wird in zunehmenden Maß versucht, die Produktionsprogrammplanung mit ereignisgesteuerter stochastischer Simulation zu verknüpfen. Die Versuche sind vielversprechend, scheitern jedoch im Augenblick an den zu langen Rechenzeiten. Betreiber großer komplexer Fertigungssysteme setzen deshalb auf analytische Leistungsbemessung mittels stochastischer Warteschlangenmodelle.
Zu untersuchende Phänomene
Für Produktionssysteme typisch sind Arbeitsstationen, bei denen mehrere Werkstücke gleichzeitig bearbeitet und weitertransportiert werden. In Halbleiterfabriken z.B. wird fast ausnahmslos im „Batch-Processing“ – Modus gearbeitet (Belichtungsautomaten, Sputter-Anlagen usw.). Wegen der vielen Arbeitsfolgen ist man gerade in diesem Umfeld auf eine schnelle Berechnung der mit der Produktion einhergehenden Leistungsgrößen angewiesen. Da jedoch bereits für einzelne Arbeitsstationen unter allgemeinen Verteilungsannahmen keine exakten Formeln bekannt sind, ist man hier auf Näherungsverfahren angewiesen, die in der Regel auf stochastischen Grenzwertsätzen, Diffusionsapproximation und Dekomposition beruhen. In dem Projekt geht es darum, die bekannten Verfahren zur Approximation von G/G/c-Systemen und G/G/c-Netzwerken auf Systeme mit Gruppenankünften und Gruppenbedienungen, wie sie für Produktionssysteme mit „Batch-Processing“ typisch sind, zu verallgemeinern. Eine besondere Herausforderung liegt in der Behandlung von Netzwerken mit unterschiedlichen Typen von Kunden.
Stand der Technik
Die Dekompositionsmethode für Warteschlangensysteme wurde von W. Whitt entwickelt und im Queueing Network Analyzer von AT&T auch kommerziellen Anwendungen zur Verfügung gestellt. Doch Batch-Processing kann in diesem System nur sehr eingeschränkt abgebildet werden.
In einer Kooperation zwischen der AG Stochastische Modelle in den Ingenieurwissenschaften der TU Clausthal und der IBM Corporation wurde das Planungssystem EPOS (Enterprise Production Planning and Optimization System) entwickelt, das eine aus mehreren Softwarekomponenten bestehende e-business Lösung darstellt. Seine Komponenten basieren auf Datenbanktechnologien, offenen Standards und Internet-Technologien, wobei aber auch bereits vorhandene Systeme und Datenbanken eingebunden werden können. Im EPOS-System werden die Zufallseinflüsse der Produktion als Parameter der Produktionsplanung berücksichtigt und ihre Auswirkungen auf die Durchlaufzeiten, Bestände und Kosten berechnet. Das dem System zugrunde liegende Warteschlangenmodell wurde mittels Diffusionsapproximation und Dekompositionsmethode gelöst und soll den spezifischen Anforderungen der Halbleiterindustrie entsprechend weiterentwickelt werden. Die IBM Chip-Produktion im Werk East-Fishkill, USA, ist seit mehreren Jahren Gegenstand eines Pilotprojekts. Das mehr als 20 000 Parameter umfassende Modell berechnet die aktuellen Kennzahlen der Produktion in weniger als 15 Sekunden und dient auch als Basis für verschiedene Verfahren zur Berechnung optimaler Arbeitspläne. Das „Batch-Processing“ ist auch in diesem System nur für Systeme mit einem Kundentyp zufriedenstellend gelöst.