Glossar Warteschlangensimulation

Glossar Warteschlangensimulation

Die folgenden Begriffsdefinitionen zur Warteschlangensimulation beziehen sich insbesondere auf die Modellierung im Warteschlangensimulator. Der Warteschlangensimulator ist ein freies, plattformunabhängiges Programm zur Modellierung, Simulation und Animation von Warteschlangenmodellen auf Basis von Fließbildern.

Abbruchrate

Verfügen die Kunden an einer Bedienstation nur über ein begrenzte Wartezeittoleranz, so gibt die Abbruchrate den Kehrwert der mittleren Wartezeittoleranz an. Die Abbruchrate wird in der Warteschlangentheorie auch mit ν bezeichnet.

Abbruchzeit

Hat ein Kunde an einer Bedienstation das Warten aufgegeben, da er länger hätte warten müssen, als seine persönliche Wartezeittoleranz es zu ließ, so wird diese Wartezeit des Kunden als seine Abbruchzeit bezeichnet.

Abrüstzeit

Der Begriff Abrüstzeit ist ein Pseudonym für die Nachbearbeitungszeit. Die Nachbearbeitungszeit ist die Zeitspanne, die ein Bediener an einer Bedienstation nach dem ab Abschluss einer Bedienung eines Kunden benötigt, bevor er wieder für weitere Bedienprozesse zur Verfügung steht. Während der Nachbearbeitungszeit befindet sich der zuvor bediente Kunde bereits nicht mehr an der Bedienstation.

Ankunftsrate

Die Ankunftsrate ist der Kehrwert der Zwischenankunftszeiten an einer Quelle. In der Warteschlangentheorie wird die Ankunftsrate auch mit λ bezeichnet.

Auslastung

Die Auslastung einer Bedienergruppen gibt an, zu welchem Anteil ihrer verfügbaren Zeit die Bediener jeweils mit der Bedienung von Kunden beschäftigt waren. Die Auslastung ist folglich ein Wert zwischen 0 und 1. Die Auslastung wird in der Warteschlangentheorie auch mit ρ bezeichnet.

Autokorrelation

Die Autokorrelation der Wartezeiten gibt an, wie stark die Wartezeit eines Kunden von den Wartezeiten der unmittelbar vorherigen Kunden abhängt. Auf Basis der Autokorrelation der Wartezeiten kann entschieden werden, wie viel Rest-Abhängigkeit für die Festlegung einer Batch-Means Batch-Größe akzeptiert werden soll. Die Batch-Means-Methode ermöglicht es dann, Konfidenzintervalle für die Kenngrößen auszuweisen.

Batch

Treffen jeweils mehrere Kunden gleichzeitig an einer Quelle ein oder aber werden mehrere Kunden gleichzeitig an einer Bedienstation bedient, so spricht man von Batch-Ankünften bzw. Batch-Bedienungen.

Batch-Means-Methode

Die Batch-Means-Methode ermöglicht es, Konfidenzintervalle zu den Kenngrößen auszuweisen. Dies ist nicht auf direktem Wege möglich, da z.B. die Wartezeiten der unmittelbar aufeinander folgenden Kunden abhängig sind und dies für die Konfidenzintervallberechnung nicht zulässig ist.

Bedienrate

Die Bedienrate ist der Kehrwert der mittleren Bedienzeit an einer Bedienstation. Die Bedienrate wird in der Warteschlangentheorie auch mit μ bezeichnet.

Bedienregel

Die Bedienregel gibt an, welcher von mehreren wartenden Kunden als nächstes an einer Bedienstation bedient werden soll. Übliche Bedienregeln sind FIFO (First-in-first-out, Bedienung in Ankunftsreihenfolge) und LIFO (Last-in-first-out, Bedienung in umgekehrter Ankunftsreihenfolge).

Bedienzeit

Die Bedienzeit gibt an, wie lange der Prozess der Bedienung eines Kunden (oder im Fall von Batch-Bedienungen eines Kunden-Batches) durch einen Bediener dauert. Üblicherweise werden die Bedienzeiten über Wahrscheinlichkeitsverteilungen definiert.

Durchlaufzeit

Die Durchlaufzeit ist ein Pseudonym für die Verweilzeit. Die Verweilzeit gibt an, wie viel Zeit ein Kunde insgesamt im System oder an einer Station verbracht hat.

Economy of Scale

Die Economy of Scale oder auch der positive Skaleneffekt beschreiben den bei vielen Produktionssystemen vorliegenden Effekt, dass in einem größeren System die Produktionsstückkosten geringer sind als in einem kleineren System. Die Ursache dafür kann darin liegen, dass sich die Fixkosten auf mehr Einheiten verteilen, oder aber, dass sich Schwankungen bedingt durch stochastischen Zwischenankunfts- und Bedienzeiten bei größeren System besser gegenseitig ausgleichen können.

Einschwingphase

Bevor die Warte- und Bedienzeiten für die Statistik gezählt werden, können eine bestimmte Anzahl an Kunden das System durchlaufen, die nicht für die Statistik gezählt werden. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass die Statistik durch Randeffekte verzerrt wird.

Erlang-Formeln

Mit Hilfe der Erlang-B- und Erlang-C-Formeln lassen sich einfache Warteschlangenmodelle exakt berechnen. Die Erlang-Formeln setzen dabei sowohl exponentiell verteilte Zwischenankunfts- als auch Bedienzeiten voraus. Insbesondere die Bedienzeiten sind in der Praxis fast nie exponentiell verteilt; die Erlang-C-Formel ist daher für eine erste, schnelle Abschätzung geeignet; die Ergebnisse können jedoch aufgrund vielfältiger Eigenschaften des realen Systems von den tatsächlichen Werten abweichen.

Flussgrad

Der Flussgrad ist das Verhältnis von Verweilzeit zu Bedienzeit. Der Flussgrad ist minimal 1. Ein Flussgrad von 1 bedeutet, dass keine Wartezeiten angefallen sind. Ein Flussgrad von 2 bedeutet, dass die Kunden genauso lange warten mussten, wie ihre Bedienungen gedauert haben usw.

Geschlossenes Warteschlangennetz

In einem geschlossenen Warteschlangennetz zirkuliert eine endliche, feste Anzahl an Kunden. Im Gegensatz zu einem offenen Warteschlangennetz, verfügt ein geschlossenes Warteschlangennetz meist über keinen Ausgang.

Longest job first

Ist diese Priorisierung gewählt, so werden Kunden mit langen Bediendauern bevorzugt bedient. Kunden, deren Bedienung nur wenig Zeit in Anspruch nehmen wird, müssen entsprechend länger warten. Die Priorisierung nach langer Bediendauer führt zu (im Vergleich zu einer FIFO-Priorisierung) längeren mittleren Wartezeiten über alle Kunden und erhöht außerdem die Streuung der Wartezeiten erheblich. Voraussetzung für die Anwendung dieser Priorisierung ist es, dass die Bediendauern der Kunden bereits zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Kunden an die Warteschlange anstellen, bekannt sind.

Nachbearbeitungszeit

Die Nachbearbeitungszeit ist die Zeitspanne, die ein Bediener an einer Bedienstation nach dem ab Abschluss einer Bedienung eines Kunden benötigt, bevor er wieder für weitere Bedienprozesse zur Verfügung steht. Während der Nachbearbeitungszeit befindet sich der zuvor bediente Kunde bereits nicht mehr an der Bedienstation.

Offenes Warteschlangennetz

Ein offenes Warteschlangennetz stellt den Normalfall für ein Modell im Warteschlangensimulator dar: Kunden treffen an einer oder mehreren Quellen ein, werden an einer oder mehreren Bedienstationen bedient und verlassen das System am Ende über einen oder mehrere Ausgänge. Einen Gegenentwurf dazu stellen geschlossene Warteschlangennetze dar, in denen eine endliche, feste Anzahl an Kunden fortwährend zirkuliert.

Priorisierung

Über die Priorisierung der Kunden an einer Bedienstationen wird festgelegt, welcher der wartenden Kunden als nächstes bedient wird, wenn ein Bediener verfügbar wird. Es wird jeweils derjenige Kunde mit der höchsten Priorität als nächstes bedient. Einfache Formen der Priorisierung stellen die FIFO- (First-in-first-out) und die LIFO-Bedienregel (Last-in-first-out) dar.

Pull-Produktion

Bei der Pull-Produktion führt eine Station nur dann einen Bedienvorgang aus, wenn die jeweilige Folgestation einen Kunden bzw. ein Werkstück anfordert, d.h. die Kunden werden von den jeweiligen Folgestationen durch die Produktion gezogen. Auf diese Weise können die Bestände an den einzelnen Stationen begrenzt werden. Allerdings wird zum einen eine spezielle Steuerung erfordert und zum anderen muss sichergestellt werden, dass dennoch genug Puffer vorhanden sind, so dass die Bedienstationen auch in diesem Fall nicht unnötig in Leerlauf geraten.

Push-Produktion

Die Push-Produktion stellt den Normalfall in einem Warteschlangenmodell dar. Ist eine Bedienstation mit der Bedienung eines Kunden fertig, so schiebt sie den Kunden zur nächsten Station. Die Weiterleitung des Kunden ist dabei unabhängig davon, wie viele Kunden an der Folgestation bereits warten.

Rüstzeit

Rüstzeiten können an Bedienstationenen auftreten, wenn beim Wechsel von einem Kundentyp zu einem anderen die Station als solches umkonfiguriert werden muss. Die Rüstzeit ist der jeweiligen Bedienzeit eines Kunden vorgelagert.

Schiebende Fertigung

Die schiebende Fertigung, auch Push-Produktion genannt, stellt den Normalfall in einem Warteschlangenmodell dar. Ist eine Bedienstation mit der Bedienung eines Kunden fertig, so schiebt sie den Kunden zur nächsten Station. Die Weiterleitung des Kunden ist dabei unabhängig davon, wie viele Kunden an der Folgestation bereits warten.

Shortest job first

Ist diese Priorisierung gewählt, so werden Kunden mit kurzen Bediendauern bevorzugt bedient. Kunden, deren Bedienung länger dauern wird, müssen entsprechend länger warten. Die Priorisierung nach kurzer Bediendauer führt zu kürzeren mittleren Wartezeiten über alle Kunden, erhöht allerdings die Streuung der Wartezeiten erheblich. Voraussetzung für die Anwendung dieser Priorisierung ist es, dass die Bediendauern der Kunden bereits zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Kunden an die Warteschlange anstellen, bekannt sind.

Ungeduld

Sind die Kunden an einer Bedienstationen nur bereit, begrenzt lange auf ihre Bedienung zu warten, so spricht man von der Ungedulg der Kunden. Wie lange die Kunden in diesem Fall bereit sind zu warten, bevor sie das Warten aufgeben und die Station unbedient verlassen, wird über die Wartezeittoleranzen der Kunden festgelegt.

Verweilzeit

Die Verweilzeit gibt an, wie viel Zeit ein Kunde insgesamt im System oder an einer Station verbracht hat.

Warm-up-Phase

Bevor die Warte- und Bedienzeiten für die Statistik gezählt werden, können eine bestimmte Anzahl an Kunden das System durchlaufen, die nicht für die Statistik gezählt werden. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass die Statistik durch Randeffekte verzerrt wird.

Warteabbruch

Besitzt ein Kunde nur eine begrenzte Wartezeittoleranz und überschreitet seine bisherige Wartezeit seine individuelle Wartezeittoleranz, so bricht er das warten ab, ohne bedient worden zu sein.

Warteraum

Ein Warteraum ist integraler Bestandteil einer jeder Bedienstation. Im Warteraum wartet ein Kunde, bevor ein Bediener verfügbar, um ihn zu bedienen.

Wartezeit

Wartezeiten der Kunden entstehen insbesondere an Bedienstation. Ein Kunde muss immer dann warten, wenn momentan kein Bediener verfügbar ist, der ihn bedienen könnte.

Wartezeittoleranz

Die Wartezeittoleranz gibt an, wie lange die Kunden an einer Bedienstation bereit sind auf ihre Bedienung zu warten. Es muss keine Wartezeittoleranz definiert werden; in diesem Fall sind die Kunden bereit, beliebig lange zu warten. Die eine endliche Wartezeittoleranz definiert und überschreitet ein Kunde diese Wartezeittoleranz, so bricht er den Wartevorgang ab und verlässt die Bedientation, ohne bedient worden zu sein.

Ziehende Fertigung

Bei der ziehenden Fertigung, auch der Pull-Produktion genannt, führt eine Station nur dann einen Bedienvorgang aus, wenn die jeweilige Folgestation einen Kunden bzw. ein Werkstück anfordert, d.h. die Kunden werden von den jeweiligen Folgestationen durch die Produktion gezogen. Auf diese Weise können die Bestände an den einzelnen Stationen begrenzt werden. Allerdings wird zum einen eine spezielle Steuerung erfordert und zum anderen muss sichergestellt werden, dass dennoch genug Puffer vorhanden sind, so dass die Bedienstationen auch in diesem Fall nicht unnötig in Leerlauf geraten.

Zwischenankunftszeiten

Die Zwischenankunftszeiten geben an einer Quelle die Zeitspannen zwischen den Ankünften zweier aufeinander folgender Kunden an. Je länger die Zwischenankunftszeiten sind, desto weniger Kunden treffen pro Zeiteinheit in dem System ein.

Literatur

In dem Lehrbuch zum Warteschlangensimulator finden sich ausführliche Erklärungen zu den hier in Kurzform definierten Begriffen:

A. Herzog:
Simulation mit dem Warteschlangensimulator,
Mathematische Modellierung und Simulation von Produktions- und Logistikprozessen,
Springer, 2021.